Interviewte: Laurel Marsh Stelle: PhD Student Interviewer: Julian Rudat Datum: 28.06.2021
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Interview:
Hallo Laurel, vielen Dank, dass du hier bist. Wie hast du heute deinen Tag begonnen?
Antwort: Der Vormittag war recht entspannt. Die Kollegen in meinem Labor in den USA arbeiten morgens noch nicht. Deshalb arbeite ich früh hauptsächlich an Themen, die STIMULATE betreffen. Normalerweise treffe ich mich dazu mit anderen Studierenden oder Ärzten des Neuroteams. Und wenn nicht, arbeite ich an virtuellen Einsätzen zur Behandlung von Aneurysmen oder führe computergestützte fluiddynamische Simulationen durch. Die meiste Zeit meiner Arbeit verbringe ich dabei am Computer.
Vielleicht noch einmal einen Schritt zurück. Kannst du dich bitte kurz vorstellen?
Antwort: Zum Forschungscampus STIMULATE kam ich durch ein Fulbright-Stipendium, welches ich während meines Studiums in den USA erhielt. An der University of Washington habe ich 2017 meine Promotion begonnen. Da ich mich sozusagen in der Mitte oder kurz vor dem Ende meiner Promotion befinde, habe ich immer noch viel Kontakt zu meinen Kollegen in den USA. Wir haben viele gemeinsame Gruppenprojekte und ich bin als Mentorin tätig, sodass ich Andere betreue und auch unterrichte. Hier bei STIMULATE arbeite ich mit der Neuro-Gruppe an zwei Hauptprojekten. Ein Projekt konzentriert sich dabei auf BBMRI und Wandverstärkung in zerebralen Aneurysmen und ein anderes auf den Einsatz von Stents (eine Form der Therapie/Behandlung) in Aneurysmen.
Warum bist du nach Deutschland gekommen und vor allem zu STIMULATE?
Antwort: In den USA haben wir drei Prüfungen während der Promotionszeit zu absolvieren. Als ich für meine erste Prüfung lernte, habe ich eine wirklich große Literaturübersicht erstellt. Bei der erneuten Durchsicht stieß ich auf Philipp Berg von STIMULATE. Er arbeitet an sehr ähnlichen Projekten wie ich, aber mit anderen Methoden und Ansätzen. Nachdem ich die Prüfung endlich abgeschlossen hatte, erinnerte ich mich daran, dass es dieses tolle Labor in Magdeburg gibt. Ich dachte: "Ja, ich will diese Ansätze und Methoden lernen!". Also habe ich mich an Philipp und Dr. (Dominique) Thévenin gewandt, der den Lehrstuhl für Strömungsmechanik und Strömungstechnik (LSS) an der OVGU leitet. Am Ende haben sie gesagt, dass ich rüberkommen kann!
In welchem Projekt von STIMULATE bist du involviert und was machst du da genau?
Antwort:
Grundsätzlich arbeite ich bei Philipp Berg und Sylvia Saalfeld in der Forschungsgruppe für Computational Medicine - Medical Flows. Wir arbeiten sowohl mit Maschinenbauern als auch mit Informatikern, wie Sylvia Saalfeld, zusammen. Aber man trifft am Forschungscampus, u. a. in der Küche, auch Kollegen aus anderen Gruppen und tauscht sich aus. Insgesamt sind wir ein großes Team das stets zusammen arbeitet. Wir nutzen bei unserer Arbeit z. B. auch Daten aus dem MRI-Team. Es ist also sehr hilfreich, von all den anderen medizinischen und technischen Projekten umgeben zu sein.
Ich selbst bin Maschinenbauingenieur mit dem Schwerpunkt Blutfluss in Hirnaneurysmen, die mit minimal-invasiven endovaskulären Therapien behandelt werden. Ich habe viel mit Stents gearbeitet. Diese dienen dazu, ein Hirngefäß wieder in den normalen Zustand zu versetzen und letztendlich zu heilen. Indem ich den Blutfluss modelliere und kleine Tracerpartikel in das Modell einbringe, vergleiche ich die verschiedenen Einsätze, um schlussendlich zu erkennen, welcher am besten funktionieren wird.
Wir haben auch eine Kooperation mit einem französischen Labor. Das informiert uns über die European Synchrotron Radiation Facility mit Hilfe von detaillierten Bildern über kleine Behandlungen mit Stents oder Coils in Hirnaneurysmen. Diese Daten können wir in die Behandlung mit patientenspezifischen Simulationen einfließen lassen. So können wir eine eingehende Studie am Patienten durchführen. Dazu bedarf es keines Modells oder einer Annäherung zur Definition der Behandlung, da wir die Geometrie und Platzierung der Behandlung anhand der hochauflösenden Bilder vollständig einsehen können.
Mit dem Fortschritt in der medizinischen Bildgebung und Datenerfassung können wir immer mehr über den Heilungsprozess von Aneurysmen lernen sowie welche Frühindikatoren es für eine erfolgreiche Behandlung geben könnte. Hier bei STIMULATE kann ich aber auch sehr fein aufgelöste Stents mit einer hauseigenen Stent-Deployment-Software in patientenspezifischen Geometrien erstellen! Das ist fantastisch, da ich eine behandlungsaufgelöste Simulation noch am selben Tag vorbereiten kann. Anstatt ein Modell in 3D zu drucken, es von einem Neurointerventionalisten behandeln zu lassen, es dann zum Scannen nach Frankreich zu schicken, dann zu segmentieren und zuletzt für eine Simulation vorzubereiten... das spart viele, viele Tage der Vorbereitung, was absolut entscheidend ist, wenn wir unsere Forschung in der Klinik anwenden wollen!!!
Was passiert nach deinen 10 Monaten hier bei STIMULATE? Wirst du mit uns in Kontakt bleiben?
Antwort: Ich hoffe es sehr und bin guter Dinge. Ich liebe es einfach, in diesem Labor zu arbeiten. Schon bevor ich hierher kam, habe ich einige von Sylvias Codes benutzt. Hier habe ich bereits eine starke Zusammenarbeit gesehen und erlebt, auch wenn sie nur auf ein bestimmtes Projekt fokussiert ist. Die Leute tauschen ihre Erfahrungen aus und helfen einem, ihr Wissen auf die eigene Studie zu übertragen. Ich würde mich freuen, wenn wir alle in Kontakt bleiben, weiter kommunizieren und vielleicht auch den Weg für einen Studierendenaustausch in der Zukunft ebnen können.
Ich danke dir sehr für das Interview, Laurel!
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