Interviewter: Stefan Haberkorn Stelle: Geschäftsführer VISUALIMPRESSION GmbH Interviewerin: Paula Sachs Datum: 07.07.2022
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Interview:
Guten Tag, Stefan! Ich freue mich, dich zu unserem heutigen Interview begrüßen zu dürfen. Schön, dass du dafür Zeit gefunden hast.
Kurz zu deiner Person, du hast nach deinem Abschluss zum Diplom-Ingenieur in Architektur an der h2 Hochschule in Magdeburg die Firma VISUALIMPRESSION gegründet. Was hat dich dazu motiviert beziehungsweise wie hast du die Anfänge empfunden?
Antwort: Schon im Studium habe ich mich mehr dafür interessiert, etwas darzustellen, anstatt etwas real zu planen und zu konstruieren.
Architektur bedeutet, dass du ein Haus planst und es danach baust. Das war mir immer viel zu realistisch. Da ich schon immer ein Visionär war, habe ich schnell gemerkt, dass wenn ich Bilder oder Filme von meinen Ideen mache, ich diese besser einfangen kann.
In dem Zusammenhang habe ich entschieden, dass Architektur nicht das Richtige für mich ist.
Dieser Beschluss hat mich dazu motiviert die Firma VISUALIMPRESSION zu gründen.
Die Aufbauphase war extrem schwierig. Zu Beginn waren wir ein Dreier-Team mit 2 Architekten. Wir hatten sehr geringe Preise und haben viel Werbung gemacht, um Fuß zu fassen. So hangelten wir uns von einem Projekt zum nächsten, was natürlich gar nicht so leicht ist durchzuhalten. Aber nach 2-3 Jahren konnten wir eine gewisse Anzahl an Projekten vorweisen, was es uns leichter gemacht hat, in größere Projekte einzusteigen.
Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Forschungscampus STIMULATE entstanden und wie gestaltet sich diese?
Antwort: Es ist komplex. Es gab schon immer Bemühungen, miteinander zu arbeiten.
Für STIMULATE habe ich erst ein Projekt gemacht, das über die Uni lief, bei dem ich 360°-Aufnahmen aufgenommen habe. Da ich gut mit Professor Hansen bekannt bin, hat er mich gefragt, ob ich 360°-Aufnahmen von Operationen machen möchte. Zudem habe ich für das STIMULATE-Gebäude, noch bevor es ausgebaut wurde, für den Architekten eine 3D-Animationen erstellt.
Als ich dann einmal bei Professor Rose saß, kamen wir darauf zu sprechen, dass ich diese Animation gemacht habe und so kam es, dass man immer wieder Berührungspunkte hatte, auch beispielsweise über kleinere andere Projekte des Fraunhofer-Instituts.
Aktuell arbeiten wir zusammen an dem T!Raum Projekt transPORT, das eigentlich das erste richtige Projekt mit STIMULATE darstellt.
Ein gemeinsames Projekt im Rahmen des ZIM-Netzwerks INSTANT heißt MultiMersive: Erweiterte Interaktion mit virtuellen Inhalten (InterActVR). Wie würdest du das Thema dieses Projektes zusammenfassen und welche Ziele verfolgt ihr dabei?
Antwort: Bei diesem Projekt gibt es zwei Ebenen: zum einen die inhaltliche und zum anderen die technische.
Bei der technischen Ebene verschmelzen wir virtuelle Realität mit 360°-Videos, Bildern, 3D-Scans und Videos.
Dieses Verschmelzen ist gar nicht so trivial. In 360°-Videos kann man sich nicht frei bewegen und umhergehen und genau darin besteht die Schwierigkeit. Bei der technischen Beantragung geht es darum, die Frage zu klären, wie ich ein Medium, in dem ich nicht herumlaufen kann, mit einem Medium, in dem ich es kann, zum Beispiel einem Scan oder der virtuellen Realität, zusammenbringe und wie ich dann Bilder und Texte integriere, so dass es Spaß macht und einen Lerneffekt hat.
Ursprünglich hatten wir das Projekt beantragt für den medizinischen Kontext, haben dann aber umgeschwenkt und uns ein neues Thema gesucht, weil wir gemerkt hatten, dass es schwierig ist, den medizinischen Kontext kassenärztlich freigeben zu lassen, da die Beantragung Jahre dauert und teuer ist. Also haben wir uns überlegt, einen historisch künstlerischen Kontext zu behandeln und haben uns dazu den Luftangriff auf Magdeburg von 1945 ausgesucht. Hierfür haben wir eine Technologie entwickelt, mit deren Hilfe man historische Fotos verräumlichen kann und sie zu 3D-Räumen werden lässt, so dass man in diesen Fotos umherlaufen kann. Das Endergebnis ist dann ein Raum, in dem du dir ziemlich genau vorstellen kannst, was Krieg bedeutet.
Unabhängig von STIMULATE habt ihr noch andere Projekte, wie zum Beispiel „Magdeburg in Light“, das von eurer Firma geplant und gestaltet wird. Wie läuft das ab, woher nehmt ihr eure Ideen und wie weit ist der Weg bis zur vollständigen Umsetzung?
Antwort: 2020 haben wir das Projekt angefangen und haben für die Umsetzung fast ein ganzes Jahr benötigt. Zu Anfang hatte ich nicht einmal eigene Beamer und mir deshalb welche geliehen. Zusammen mit domeprojection.com, einer weiteren Partnerfirma in STIMULATE, haben wir die Beamer so umgebaut, dass das fertige Bild auf dem Dom auch in der richtigen Perspektive und hell genug erscheint. Auch die organisatorische Frage, ob wir auf den Dom projizieren dürfen, hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen.
Mittlerweile ist es so, dass ich ziemlich genau anderthalb bis zwei Monate benötige. Ich arbeite mit Jonathan Hase zusammen, der ein gutes Gefühl für Formen, Farben und für Story Telling hat. Gemeinsam mit ihm entwickele ich die Story, jedes Mal mit der Angst, dass sich irgendein Motiv wiederholt. Im ersten Jahr haben wir eine Zeitreise gemacht, im zweiten eine Dystopie und jetzt im dritten haben wir uns mit der Digitalisierung befasst.
Siehst du dich in der Zukunft auch im Virtual und Augmented Reality-Bereich oder hast du andere Pläne?
Antwort: Ich habe so eine Art Zweiteilung, bei der ich mich einerseits mit Events und andererseits mit Virtual Reality/Augmented Reality beschäftige. Im VR/AR-Bereich bin ich für die inhaltlichen und organisatorischen Abläufe der Projekte und Apps zuständig. Gerade die 3D-Welten im Browser haben ein hohes Zukunftspotenzial. Die Programmierung der Software wird von meinen Mitarbeitenden umgesetzt. Im Eventbereich agiere ich als Lichtkünstler, erstelle animierte Inhalte und koordiniere den Technikaufbau.
Ganz neu angefangen habe ich jetzt mit Innenraum-Beamer-Projektionen für Theater und Events. Das heißt, ich habe in jeder Ecke eines Raums Beamer platziert und erzeuge dadurch eine 360°-Grad Beleuchtung, die sich zur Musik verändert. Beamerprojektionen sind perspektivisch der Bereich, in dem ich als Lichtkünstler gerne mehr machen möchte. Um dem Energiebedarf und der CO2-Bilanz gerecht zu werden, entwickeln wir eine netzunabhängige Stromversorgung, die auf eigener Solartechnik basiert. Damit sind ohne Risiko auch große Veranstaltungen abgesichert.
Hast du in deiner Studienzeit Erfahrungen gemacht, die du den Studierenden heute als Tipps ans Herz legen würdest?
Antwort: Entwickle Visionen, dabei spielt es keine Rolle, ob in einem indischen Kloster, im Wald, auf der Toilette oder in der Badewanne. Es ist egal, wie weit der Weg ist, wenn das deine Vision ist, dann musst du dranbleiben und wenn es 10 Jahre dauert.
Und wenn man in eine Firma geht, dann am besten in eine, mit der man sich identifizieren kann und sagt: Das ist mein Ding, das ist mein Herz. Denn das Herz ist das Wichtigste.
Das ist ein schönes Abschlusswort. Vielen Dank, Stefan!
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